1960-1969

1960
Die guten Vorjahresergebnisse sprachen sich auch beim Hess. Schwimmverband herum. Zum Ländervergleich in Siegen wurden mit Schimpff und Knoke bei den Damen sowie Spitzhirn und Voigt vier VfLer eingeladen. „Sie rechtfertigten ihre Aufstellung durch sehr beachtliche Zeiten“ vermerkt der Chronist in den Vereinsnachrichten Februar 1960.
Das Jahr stand allerdings ganz im Zeichen des 100jährigen Jubiläums. Am 20. März fand im Luisabad das Jubiläumschwimmfest statt. Die Siegerehrung, ansonsten direkt im Bad durchgeführt, wurde Abends im Turnergarten bei Musik und Tanz durchgeführt.
Mit 16 Mannschaften, 380 Einzel- und 27 Staffelmeldungen war der Wettkampf sehr stark besetzt!“ berichtet Abteilungsleiter Karl Fischer. Im Wettkampf bestätigten die VfLer ihre guten Leistungen, die -so Schwimmwart Fischer- „Hoffnung auf eine sehr gute Zukunft machen“.
Kein Aprilscherz war dann die Zusage von Oberbürgermeister Georg Gassmann, dass Übungsstunden dem Verein nicht mehr in Rechnung gestellt werden. Diese Entscheidung zog allerdings folgenreiche Entscheidungen nach sich. „Den Badebetrieb als solches, wie er zu einer jeden Schwimmstunde war, können wir nicht mehr durchführen. Die zur Verfügung stehenden 90 Minuten sollen voll ausgenutzt werden, damit auch Anfänger Gelegenheit haben sich zu verbessern!“ lautete die Ansage. Ein weiteres Kriterium zur Trainingsteilnahme war eine regelmäßiges Erscheinen und die Zahlung des „Beitrages“ in Höhe von monatlich 50 Pfennigen. Mit dieser Entscheidung verabschiedete man sich von althergebrachten Traditionen.
Der Nachwuchs nutzte diese Chance richtig gut. Die Übungsstunden waren gut besucht. Bereits ab 19 Uhr traf man sich auf der zum Haupteingang führenden Brücke über den Mühlgraben. Es war immer was los, unter anderem wurde auch ab und an selbstgemachtes Feuerwerk gezündet.
Zu den Youngstern gehörte auch Wolfgang Grundmann. Er erschien zum Training immer mit einer Doktortasche und machte damit schon auf sich aufmerksam. Jahre später wurde er im Zusammenhang der terroristischen Rote Armee Fraktion genannt.

1961
Der sportliche Höhenflug setzte sich fort und führte zur ersten Teilnahme an den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften (DMS). Die Wettkampffolge ist nicht bekannt und dürfte sicherlich mit der heutigen nicht mehr zu vergleichen sein. Die Veranstaltung fand im Luisabad statt. Unter den Teilnehmer Herrenmannschaften von VfL und MSV. In der Landeswertung rangierte der VfL mit 6741 Punkten auf Rang drei, hinter dem Marburger SV mit 7167 Punkten.
Der Nachwuchs startete erstmals am 19. März bei einem Wettkampf im Freibad in Frankfurt. Im Sommer dann ein noch heute bekanntes Problem. „Nur bei unfreundlichem Wetter und kaltem Wasser war es möglich unter Einsatz der Gesundheit ungehindert zu trainieren! So ist es zu verstehen, dass die VfLer keine herausragenden Leistungen bringen konnten!“. 60 Jahre liegen dazwischen, geändert hat sich nichts.
Bei den Hess. Meisterschaften in Darmstadt schnitten die Marburger sehr gut ab. Bernd Eifler ging als erster Marburger nach dem Kriege die „Marathonstrecke“ über 1500m an. Er belegte Rang zwei, die Endzeit ist allerdings nicht vermerkt.

1962
Im Mai berichtet Hajo Lübeck in den Vereinsnachrichten: „Schon die ersten Monate brachten für die Schwimmabteilung des VfL große Wettkämpfe, so zum Beispiel das Jugendschwimmfest in Ludwigshafen, Hess. Jugendmeisterschaften in Hanau sowie Hess. Meisterschaften in Offenbach.“ Richtig gut lief es bei den Hess. Jugendmeisterschaften, Bernd Eifler und Eberhard Voigt schwammen zu mehreren Titeln. Im Sommer ging es dann nach Norden, in Rendsburg stand das Bundesschwimmfest des Deutschen Turnerbundes auf am dem Programm. Auch hier wussten sich die Aktiven gut zu präsentieren.
Bei den Schwimmfesten in Lollar, Rüdesheim und Gladenbach machte der Nachwuchs auf sich aufmerksam. Eberhard Voigt -mehr oder weniger mit Bernd Eifler zusammen Alleinunterhalter- war jedenfalls richtig begeistert. „Da können wir noch einiges Erwarten!“ so sein Statement in den Vereinsnachrichten.
Ein besonderer Event war das „Abschwimmen“ im Oktober. Sieger und besonders trainingsfleißigen Aktiven wurden mit Monatskarten für das Luisabad ausgezeichnet. Leider ist der Ablauf und das Programm nicht niedergeschrieben worden. Einen Wechsel auf der Position des Kassenwartes ist zu vermelden. Heinz Maus übergab die Kasse an Wolfgang Keul. Im November war dann das Luisabad Schauplatz für das Jugendschwimmfest des VfL.

Für die Jahre 1963 und 1964 gibt es keine Aufzeichnungen. Bekannt ist, dass der Trainingsbetrieb weiter lief. In dieser Zeit ist auch zu einem Wechsel an der Abteilungsspitze gekommen. Den Vereinsnachrichten Dezember 1965 ist zu entnehmen, das Hans Schimpff zum „neuen“ Obmann gewählt wurde. Sein Halbjahresbericht fällt ernüchternd aus. „Ein verregnetes Sommerhalbjahr liegt hinter uns. Wir Schwimmer hatten unter dem Sonnenmangel besonders zu leiden, denn wer geht heute schon bei 17 Grad und weniger ins feuchte Element um Bahn und Bahn zu schwimmen. Naturburschen dieser Jahr sind in unserem Wohlfahrtsstaat nur noch mit der Lupe zu finden.“

Ein besonderer Wettbewerb war das „Landesoffene Stromschwimmen“ am 4. Juli 1965 im Edersee. Über 800m ging es von Bringhausen quer über den See zur Halbinsel Scheid. „Der Start war quasi wie ein Kampf ums pure Überleben! Im Laufschritt das Ufer runter. Zwei, drei Sprünge im Wasser und kein Boden mehr unter den Füssen. Neben, über und unter dir Schwimmer, die das gleiche Ziel haben. Aber nach wenigen Meter hat sich das Ganze beruhigt.“ berichtet Manfred Hellmann. Mit 13:02 Min. und Rang zwei erreichte er das beste VfL Ergebnis.
Zwei Wochen später ging es dann mit einer kleinen Auswahl nach Bad Sooden-Allendorf. Nach einem Abstecher an die Zonengrenze ging es zum Freibad. Mit einigen Bestzeit, allerdings ohne Sieg, ging es zurück nach Marburg.
Jahresabschluss waren die Vereinsmeisterschaften, es kamen drei Strecken in die Wertung. Sieger und Gewinner eines Vereinspullovers wurden Gunther Müller, Manfred Hellmann, Inge Mink, Ruth und Ute Müller sowie Petra Ulrich.
In diesem Jahr gab es dann mit dem Wechsel von Leistungsträgern zum Marburger Schwimmverein eine Zäsur. Ein herber Verlust, zumal der ein oder andere später dort als Funktionär Zeichen setzen konnte.
Wie sich schnell herausstellte der Auftakt zu einem Aus im Wettkampfschwimmen. Ab 1966 plätscherte das Wettkampfschwimmen mehr oder weniger dahin. Im Herbst 1968 nahmen Aktive an einem Wettkampf in Wallau teil. Die Veranstaltung ist in besonderer Erinnerung geblieben, versuchte man doch vergeblich eine Wasserball-Mannschaft im Verein zu etablieren.
Ende der 60er Jahre dümpelte die Schwimmabteilung vor sich hin und der Begriff „Badeabteilung“ hatte durchaus seine Berechtigung. Die Wettkampfschwimmer hatten den Verein verlassen und sich anderen Vereinen angeschlossen. Das Angebot war einfacher besser, unsere sportlichen Mitstreiter hatten die sich anbahnenden Veränderungen besser erkannt.