1930 – 1945

Die Schwimmabende konnten ab Frühjahr 1930 im neuen Hallenbad  stattfinden. Mit dem Luisabad am Rudolphs Platz konnte Marburg ab 1927 ein modernes Hallenbad vorweisen. Gelingen konnte dies durch die großherzige Stiftung von Luisa Heuser („Luisabad“). Das Bad war für eine Stadt der Größe von Marburg (26.000 Einwohner und rund 4.000 Studenten) vorbildlich und über weite Grenzen hinweg mit seinen Einrichtungen unerreicht. Das bisher einzig mögliche Baden in der Lahn hatte ein Ende.

Zu  jener Zeit setzte an den Übungsabenden ein überaus starker Besuch ein. Wie im „Kassenbuch“ dokumentiert) waren 180 und mehr Besucher an einem Abend waren keine Seltenheit.

Nur drei Jahre später, im Jahr 1937, gab es dann eine für  den Verein und den Marburger Sport insgesamt sehr bedeutsame und bis heute nachwirkende Fusionsentscheidung. Die beiden größten  Sportvereine Marburgs, der TSV 1860/85  und der VfB 1905 Kurhessen fassten den gleich lautenden Beschluss, sich zu einem Marburger Großverein zusammenzuschließen. Am 2. August 1937  fand die feierliche Verschmelzung statt, die für die ganze Region von Bedeutung war und  im Beisein der örtlichen, universitären und politischen Prominenz vollzogen wurde. Es entstand der Verein für Leibesübungen 1860 Marburg  (VfL 1860 Marburg). Die Bildung von Großeinheiten und der Weg zur Zentralisierung der Sportorganisationen lag  im Zug der Zeit, war also auch politisch gern gesehen. Diese Verschmelzung geschah  -soweit zu erschließen-  ohne direkten Druck von außen, sie war von den Vorständen gewollt, und  die Mitglieder beider Vereine wollten das auch so. Wie die Vereinsakten ausweisen, wollte man gemeinsam etwas Starkes, etwas Großes schaffen, das über die Grenzen der Stadt hinaus besondere Beachtung erlangen sollte. Auch träumte man dabei von besseren sportlichen Leistungen, weil man “den Nachwuchs aus einem so großen Verein besser herauslesen“  kann. Ein anderes, ständig begleitendes Motiv für die Verschmelzung nennt das Protokoll über die Fusionsversammlung mit vielen Wortmeldungen, wenn es davon spricht, dass der VfB 05 eine beträchtliche Schuldenlast mit in den neuen Verein bringen werde, die es nun gemeinsam abzutragen gelte. Die Mitglieder trauten sich das durchaus zu, sie wollten aber wissen, welche Hypotheken und Darlehen zu tilgen waren und wie hoch die künftige Belastung für die Mitglieder sein werde. Konkrete Zahlen dazu weist das Protokoll aber nicht aus. Da sich die Mitglieder beider Vereine untereinander meist gut kannten, hatte der neue Großverein insoweit gute Chancen. Auch hatte man jetzt neben der eigenen Turnhalle auch einen eigenen Sportplatz an der Gisselberger Straße. Das alles waren günstige Gegebenheiten, so dass man engagiert und zuversichtlich in den Sportalltag einsteigen konnte. Der neue Verein startete denn auch mit den Abteilungen für Turnen, Fußball, Handball, Leichtathletik, Hockey, Schwimmen, Fechten, Kegeln und für Gesang in seine sportliche Zukunft.

Im gleichen Jahr löste sich der Marburger Schwimmverein auf und der größte Teil seiner aktiven Schwimmer trat zu unserer Abteilung über. Der Marburger SV ging aus dem VfB 05 Marburg hervor, der 1918 eine Schwimmabteilung gegründet hatte. Die von den Gebrüdern Biel geleitete Abteilung kam aufgrund schlechter Badeverhältnisse zunächst nicht  über dürftige  Ansätze  hinaus. Das änderte sich, als der Verein 1926 ein eigenes Badehaus und Badegelände in Wehrda errichtete. Schon damals wurde ein hauptamtlicher Schwimmlehrer bestellt, der sehr schnell eine beachtliche Abteilung herausbrachte. Inzwischen waren aber sowohl das Sommerbad, das Hallenbad und das Universitätsbad entstanden. Der Weg nach Wehrda wurde vielen zu weit, innere Zwistigkeiten folgten. Die Abteilung trennte sich vom Verein und gründete 1928 den Marburger Schwimmverein. Das Bad musste allerdings verkauft  werden  und ist heute Bootshaus der Elisabethschule.

Schon Anfang 1938 musste man aber erkennen, dass sich die Jugendorganisationen des damaligen Regimes immer massiver und rücksichtsloser in die Vereinsarbeit einmischten, besonders bei den männlichen Jugendlichen. Plötzlich gab es von außen neue Regelungen, Aufforderungen, neue Verpflichtungen, die nicht zum seitherigen  Vereinsgeschehen und seinen Inhalten gehörten. In der Folge   wurden auch die Vereinssitzungen seltener, die Protokolle darüber sind knapper und nichts sagend.

Mit Eintritt in die Kriegsjahre 1939 bis 1945 ging der Sportbetrieb immer mehr zurück, viele Mitglieder waren im  Krieg. Eine Zahl mag jene Situation eindrucksvoll beleuchten: Im April 1944 hatte der Verein insgesamt noch knapp 290 zahlende Mitglieder in der Heimat und  ca. 250 beitragsfreie Mitglieder bei der Wehrmacht. Wohl wegen der täglichen Veränderungen blieben diese Angaben auf der Ebene des Ungefähren.

Nahezu bis Kriegsende konnten allerdings die Schwimmabende aufrecht erhalten werden, dann wurde das Hallenbad beschlagnahmt und die Vereinstätigkeit verboten.